Amy Beatrice Carmichel (zweite, gleichfalls gebräuchliche
Schreibweise: Carmichael) war eine christlich-protestantische Missionarin
(Church of England Zenana Mission) in Indien.
Sie eröffnete in Dohnavur (Tamil Nadu,
Süd-Indien) ein Waisenhaus und gründete ebenda eine Mission.
Die von ihr selbst initiierte
Hilfsorganisation wurde in Indien und im angelsächsischen Raum unter dem
Namen "Dohnavur-Gemeinschaft" bzw. "Dohnavur-Stiftung" bekannt.
Sie wirkte in ihrer Wahlheimat bis zu ihrem
Tod im Januar 1951, über einen Zeitraum von 55 Jahren, ohne Unterbrechung
(auch nicht durch Urlaub).
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Amy Carmichel kam 1867 als erstes von sieben
Kindern zur Welt - in einem wohlhabenden Elternhaus im nordirischen Dorf
Millisle.
Sie war eine bescheidene und doch
temperamentvolle Frau. Und sie hat gewagt, was viele ihrer männlichen
Zeitgenossen im 19. Jahrhundert als ein zu großes Risiko abgelehnt hätten:
Amy verließ Europa und wanderte nach Asien aus.
Die Kornmühlen des Vaters brachten
viel Geld ein. Doch als Amys Vater starb, musste sie das Anwesen
verkaufen. Als achtzehnjährige junge Frau konnte sie die Verantwortung
dafür noch nicht allein übernehmen. In ihrer neuen Heimat, in Belfast,
lernte Amy einige Christen kennen, die ihren Glauben engagiert und
fröhlich lebten. Im wahrsten Sinne des Wortes ein ansteckender Glaube,
dem sich Amy nicht entziehen konnte. Die Aufforderung Jesu, "Gehet
hin in alle Welt und machet zu Jüngern alle Völker", diese Aufforderung
war für sie ein regelrechter Marschbefehl.
Gerade mal 24 Jahre alt, beschließt
sie, nach Japan zu reisen. Aber die Sprache und das Klima machen ihr zu
schaffen. Deshalb folgt eine Phase der Umorientierung, bis sie im November
1895 ihren Fuß auf indischen Boden setzt.
Den Menschen von Jesus Christus
erzählen, das ist ihr Wunsch. Aber wo anfangen? Welche Aufgabe soll sie
übernehmen, die geeignet ist, den Menschen das Evangelium nahe zu bringen?
Eine typisch weiße Missionarin
wollte Amy nie werden. So wie Paulus den Juden ein Jude und den Griechen
ein Grieche wurde, so wollte sie den Inderinnen eine Inderin werden. Sie
bemüht sich so zu leben wie die Bevölkerung. Doch bei ihren Besuchen in
den Dörfern lernt sie die dunklen Seiten der indischen Kultur kennen.
Menschen werden, je nach sozialer Stellung, in verschiedene Kasten
eingeteilt. Eine Vielzahl von Göttern und Dämonen bestimmen das religiöse
Leben.
Eines Tages sitzt bei Amy
Carmichel ein elfjähriges Mädchen vor der Tür. Die Eltern sind gestorben;
der Onkel möchte das Mädchen als Dirne an den Tempel verkaufen. Soll Amy
das Mädchen nach Hause zurückschicken? Niemals! Wie eine Mutter stellt
sie sich vor das Mädchen. Die Elfjährige vor ihrem Onkel zu verstecken
oder in ein anderes Dorf zu bringen, kommt für Amy überhaupt nicht in
Frage.
Als Amy ein weiteres Mädchen bei sich aufnimmt, ist ihr klar,
welche Aufgabe ihr Gott zugedacht hat. Um kranke und allein gelassene
Kinder will sie sich kümmern. Besonders um Mädchen, die von ihren
Familien als Tempeldirnen verkauft werden sollen. Zwölf Jahre später, man
schreibt das Jahr 1913, leben bereits 130 Kinder
unter der Obhut von Amy Carmichel. Nach weiteren zehn Jahren gibt es über
dreißig Kinderhäuser in Dohnavur. Inzwischen sorgt eine Schwesternschaft
dafür, dass die Kinder ein gutes Zuhause und eine ordentliche Ausbildung
erhalten.
1931 hat Amy einen Unfall: Sie
rutscht aus, fällt hin und bricht sich das Bein. Ein komplizierter Bruch,
aber man versichert ihr, dass sie nach einiger Zeit wieder völlig gesund
werden wird. Doch andere Krankheiten kommen dazu.
Die letzten zwanzig
Jahre ihres Lebens ist Amy Carmichel eine gebrechliche Frau, die kaum
noch ihr Zimmer verlässt. Aber sie schreibt unzählige Briefe und
insgesamt fünfunddreißig Bücher, die zum Teil in über fünfzehn Sprachen
übersetzt werden.
Am 18. Januar 1951 stirbt Amy
Carmichel. Doch die Arbeit unter verwahrlosten und verlassenen Kindern
geht weiter. In Indien, aber auch in England, Irland, Kanada, Australien
und Neuseeland sorgen Mitglieder der Dohnavur-Gemeinschaft dafür, dass
diese Kinder ein neues Zuhause bekommen.
Textquellen: Wikipedia / Kai-Uwe Woytschak
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