Heinrich Plütschau
war von 1714 bis 1750 Pastor in Beidenfleth. Bevor ihm dieses Pastorenamt
zugewiesen wurde, war er 6 Jahre Missionar in Tranqebar in Indien.
Heinrich Plütschau wurde 1675 in Wesenberg in Mecklenburg geboren. Er
besuchte das Friedrich-Werder-Gymnasium in Berlin. 1702 nahm er in Halle
bei Prof. Hermann August Franke das Studium der Theologie auf. Dort
studierte er bis 1705. Der dänische König Frederik IV suchte durch seinen
Hofprediger Dr. Lütkens zwei Studenten, die als Missionare im Auftrag des
dänischen Königshauses in der kleinen dänischen Kolonie in Tranquebar - im
Tamil Nadu in Südindien - bei den dort lebenden Einheimischen Arbeit im
Dienste der Kirche leisten sollten. Weil in Dänemark kein Pastor oder
Student bereit war, nach Indien zu gehen, wandte sich Dr. Lütkens an
Freunde in Berlin mit der Bitte, Studenten für diese Aufgabe zu finden.
Auf diese Weise kam man auf Bartholomäus Ziegenbalg, geboren in Sachsen
1682 und ebenfalls zum Studium in Halle, und Heinrich Plütschau. Prof.
Francke in Halle erfuhr erst später von dieser Wahl, aber er blieb die
Anlaufstation für die Indienmission..
Ziegenbalg und Plütschau
machten sich dann auf den Weg nach Kopenhagen, um ihre Instruktionen zu
erhalten und von dort mit dem Schiff abzureisen. In Kopenhagen wurden sie
am Königshof von dem Hofprediger Dr. Lütkens empfangen. Da sie jedoch noch
nicht als rechte Pastoren ordiniert waren, schickte er sie zu Dr.
Bornemann, Bischof von Seeland. Nach bestandenem Examen mußten sie vor der
königlichen Familie predigen, empfingen dann die nötigen Unterlagen und
waren für die Reise gerüstet. Am 30. Nov. 1705 legte das Schiff
„Prinzessin Sophia Hedwiga" ab. Die Reise nach Indien hatte begonnen, sie
dauerte 222 Tage. Die Reise war schwierig. Stürme zerstörten fast das
Schiff, und Seeräubern entkamen sie nur mit viel Glück. Im Mai 1706
erreichten sie Kapstadt, wo frischer Proviant und Wasser an Bord genommen
wurden. Am 8. Mai segelten sie weiter, um dann am 9. Juli 1706 Tranquebar
im Südosten von Indien zu erreichen. Sie waren nicht nur die ersten
Sendboten des deutschen Protestantismus in Indien, sondern dort die ersten
evangelischen Missionare überhaupt.
Die dänische
Kolonialbehörde in Tranquebar, vertreten durch den Kommandanten Johann
Sigismund Hassius sah ihre Handelsinteressen durch die Missionarsarbeit
gefährdet, deshalb waren Hassius die Missionare nicht willkommen. Aufgrund
eines Handschreibens des dänischen Königs mußte er sie akzeptieren, er
machte ihnen jedoch das Leben schwer, wo er nur konnte. Nur mit Hilfe von
freundlichen europäischen Bewohnern der Siedlung gelang es ihnen, ihre
Tätigkeit als Missionare auszuüben. Diese beiden jungen Männer
Bartholomäus Ziegenbalg und Heinrich Plütschau nahmen die großen Strapazen
der Reise und die ungewohnten schwierigen Lebensbedingungen in Indien auf
sich, um dort den Einheimischen das Wort des Herren zu verkünden und sie
zum christlichen Glauben zu bekehren. Erschwert wurde diese Arbeit immer
wieder durch Eingriffe des Kommandanten Hassius, trotzdem war Ihre
Mission erfolgreich, sie organisierten das Schulwesen, bauten - gegen
den Widerstand des Kommandanten - Schulen und sogar eine kleine Kirche für
die tamilische und portugiesische Gemeinde. Die Tamilen wurden von
Ziegenbalg unterrichtet, während Plütschau sich um die „Portugiesen"
(Mischlinge aus Portugiesen und Indem) kümmerte. Bartholomäus Ziegenbalg
gelang es auf Grund seiner Sprachbegabung, schon nach einem Jahr Martin
Luthers „Kleinen Katechismus" in die Sprache der Tamilen zu übersetzen und
später auch das Neue Testament. Dieses gelang ihm aber nur deshalb, weil
der ruhige und besonnene Heinrich Plütschau ihn, den leicht aufbrausenden
jungen Mann, häufig aus manchen schwierigen Situationen befreite und ihn
so unterstützte, daß er diese Arbeit ausführen konnte (Ziegenbalg saß
wegen seiner aufbrausenden Art sogar einige Monate im Gefängnis). Beide
Männer waren Helden im Dienste der Kirche. Bartholomäus Ziegenbalg ging
deshalb in die Geschichte ein (im Brockhaus wird er als erster Indologe
überhaupt bezeichnet), während Heinrich Plütschau unerwähnt blieb. In
Deutschland wurde Heinrich Plütschau vergessen, in Tranquebar jedoch ist
eine Schule nach ihm benannt worden. Beiden Missionaren wurde 1906 in
Tranquebar ein Gedenkstein gesetzt (siehe Abbildung),
Der dänische König
entschloß sich 1708, drei weitere Missionare nach Tranquebar zu schicken.
Der bekannteste von ihnen war Magister Gründler aus der Schule von Prof.
Francke. Am 20.. Juli 1709 kamen sie in Tranquebar an. Sie brachten Geld
für den weiteren Ausbau der Mission mit und unter anderem auch einen Brief
des Königs, in dem der Kommandant aufgefordert wurde, die Missionare bei
ihrer Arbeit zu schützen und zu unterstützen. Auch dieser Brief hielt den
Kommandanten nicht davon ab, den Missionaren weiterhin Schwierigkeiten zu
bereiten.
Daraufhin wurde in einer
Versammlung der Missionare beschlossen, Bartholomäus Ziegenbalg mit dem
nächsten Schiff nach Kopenhagen zu schicken, um dem König zu berichten und
ihn um Hilfe zu bitten.
Da niemand ohne die
Zustimmung des Kommandanten Tranquebar verlassen durfte, wurde ein Gesuch
für die Abreise Ziegenbalgs eingereicht. Die Abreise wurde abgelehnt. Ein
zweiter Versuch Ziegenbalgs, von Madras aus mit einem englischen Schiff
nach Kopenhagen zu segeln, scheiterte ebenfalls am Einspruch des
Kommandanten Hassius, der sich auch an diesem Ort durchsetzen konnte.
Weil sich in diesem Fall
das Ausreiseverbot nur auf Ziegenbalg beschränkte, wurde beschlossen,
Heinrich Plütschau nach Kopenhagen zu schicken. Er segelte am 15.
September 1711 von Madras aus mit dem englischen Schiff „Dankerwil" nach
Kopenhagen. Dieses Schiff brachte ihn jedoch nur bis Kapstadt, von dort
segelte er nach einiger Zeit mit einem holländischen Schiff weiter nach
Rotterdam, dort ging er an Land, um nach Amsterdam weiterzureisen. Das
Schiff, mit dem er weiter fuhr, setzte ihn unter einem Vorwand an Land und
verschwand dann mit seiner ganzen Habe. Mit Schwierigkeiten kam er bis
nach Amsterdam und war dort auf die Hilfe freundlicher Menschen
angewiesen. Ohne Geld konnte er seine Reise nicht fortsetzen, er mußte
warten, bis der dänische König ihm Geld anwies. Deshalb kam Plütschau mit
einem Umweg über London erst im Frühjahrl713 in Kopenhagen an, wo er dann
Bericht erstattete..
Heinrich Plütschau kehrte
nicht wieder nach Indien zurück. Er blieb aber dennoch für die Mission
tätig. Unter anderem verfaßte er in Halle einen kleinen Katechismus für
die portugiesische Schule in Tranquebar und unterrichtete kurzzeitig in
Halle Missionskandidaten in Tamil und Portugiesisch.
Er heiratete 1714 in
Berlin Dorothea Dietrichsen aus Neu Ruppin. Er erhielt dann das
Pastorenamt in Beidenfleth in Dithmarschen und zog mit seiner Frau 1714
dorthin. Dieses Amt war nicht leicht, denn er hatte einen Küster, der
gegen ihn opponierte, ebenso waren die reichen, harten Marschbauern gegen
ihn. Von einem Teil der Bevölkerung wurde er verspottet wohl wegen seines
Bekenntnisses zum Pietismus (Das Streben nach christlicher
Vollkommenheit). Bis 1750 war er in Beidenfleth als Pastor tätig. Er hatte
10 Kinder, von denen ein Sohn, Andreas Christian, Theologie studierte,
unter anderem auch in Halle bei Prof. August Hermann Franke. Dieser Sohn
übernahm 1750 das Amt seines Vaters bis 1764, dann wurde er wegen
geistiger Verwirrung suspendiert.
Am 14. Januar 1752,
zweieinhalb Monate nach dem Tod seiner Frau, starb Heinrich Plütschau.
Magister Gründler soll in
Indien auf Befragen, was mit Plütschau geschehen ist, gesagt haben: Eine
Pfarre im Holsteinischen, in Beidenfleth nahe Itzehoe, haben sie ihm
gegeben. Da kann er den harten stolzen Marschbauem christliche
Nächstenliebe predigen, von der sie genauso wenig wissen wollen wie die
Junker in Bruder Heinrichs mecklenburgischer Heimat, wo sie die
Leibeigenen versklaven.
Bartholomäus Ziegenbalg
kam 1715 auch nach Deutschland, heiratet hier Maria Dorothea Saltzmann und
segelte mit ihr im März 1716 nach Tranquebar zurück. Am 23.2.1719 starb er
in Tranquebar. Auch Gründler, nach dem ebenfalls eine Schule in Tranquebar
benannt worden ist, starb dort wenig später.
Quellenangabe:Hans Paul, Hamburg
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