Missionsarbeit
brachte die unmittelbare Begegnung von Menschen, den Austausch von Ideen,
das Gespräch mit sich. Die Begegnung zwischen europäischen Missionaren
und südindischer Bevölkerung im 18. Jahrhundert war Alltagsleben. Es spiegelt
sich in Struktur und Funktionsweise der Mission in Südindien wider und
vermittelt dadurch insgesamt einen Eindruck von der Breite und
Komplexität missionarischen Wirkens.
Missionstätigkeit
in Übersee bedeutete weit mehr als die christliche Lehre in Gesprächen
und Predigten. Wollten die Missionare ihren Bekehrungsauftrag verwirklichen, mußten sie sich auf einen vielschichtigen Kontakt mit der Bevölkerung
des Wirkungsgebietes einstellen. Diese tägliche Begegnung und
Auseinandersetzung mit der lokalen Bevölkerung erforderte neben der
individuellen Bereitschaft und Fähigkeit des Missionars auch spezifische
institutionelle und personelle Voraussetzungen. Im Laufe der Zeit
entstanden so unterschiedliche Missionseinrichtungen, für die wiederum
europäische und indische Missionsangestellten verpflichtet werden mußten.
Die
Missionare waren gleichzeitig Seelsorger, Händler, Buchhalter,
Diplomaten, Verwalter, Unternehmer. Angefangen bei der Versorgung mit
Lebensmitteln und Kleidung für Missionsmitarbeiter und Gemeindeglieder
über deren schulische und medizinische Betreuung bis hin zur Gestaltung
der eigentlichen Missionsarbeit mußte alles von den Missionaren in
eigener Regie und unter ihrer Aufsicht organisiert und regelmäßig betrieben
werden. Eine Alternative hätte es kaum gegeben, bedenkt man, daß die
Missionare des dänischen Königs schon bei ihrer Ankunft 1706 nicht mit
offenen Armen empfangen wurden. Immer wieder sahen sie sich sowohl dem
Widerstand von in Südindien ansässigen Europäern sowie dem Mißtrauen
lokaler Mächte ausgesetzt. Im Mittelpunkt der Bestrebungen stand die
Übersetzung der Bibel bzw. von Teilen der Bibel in unterschiedliche
indische Sprachen (Tamil, Telugu, Hindustani). Die erste von
Bartholomäus Ziegenbalg erstellte Übersetzung des Neuen Testaments in
Tamil wurde 1713 in Tranquebar gedruckt.
Abgesehen
von Übersetzungen christlicher Literatur waren für einige Missionare
auch die Sprachen als solche im Rahmen vergleichender linguistischer Forschungen
von Interesse. Dafür bestanden durch die Ausbildung in Europa (Theologie,
Philosophie, orientalische
Sprachen) gute Grundlagen.
Ergebnisse dieser wissenschaftlichen Untersuchungen waren Grammatiken
und Wörterbücher. So schrieb zum Beispiel Benjamin Schultzc eine
„Grammatica Hindostanica" (Halle, 1745) und eine „Grammatica
Telugica" (Madras, 1728). Diese Arbeiten erschienen 1984 bzw. 1986
in Halle in den „Wissenschaftlichen Beiträgen der Martin-Luther-Universität
Halle-Wittenberg" als Reprints. Im Verlaufe seiner Arbeit an der
Übersetzung von Teilen des Neuen und Alten Testaments ins Tamil und
Telugu (etwa 1728 - 1732) fertigte Schultze ein viersprachiges Wörterbuch
(Latein, Englisch, Tamil, Telugu) an, das handschriftlich vorliegt.
Quelle:
PIETAS HALLENSIS UNIVERSALIS, Halle 1995
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