„Amy Carmichel“ _________________________________________________________________________

Hilfe für Kinder in Indien / Possibility for poor children

 

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  Johann Ernst Gründler (Ölbild anonym)

 

GRÜNDLER, Johann Ernst, Missionar, * 7.4. 1677 als Sohn des Ratskämmerers Balthasar G. in Weißensee / Thür., † 19.3. 1720 in der dänischen Kolonie Tranquebar an der Ostküste Südindiens. - G. besuchte die Lateinschule seiner Vaterstadt und das Gymnasium in Quedlinburg und Weißenfels. Er studierte in Leipzig und Wittenberg Theologie und setzte 1701 seine Studien in Halle fort unter August Hermann Francke, der ihn zum Informator an seinem Pädagogium ernannte. Die ersten ausführlichen Missionsberichte des Bartholomäus Ziegenbalg (s. d.) aus Tranquebar weckten in ihm die freudige Bereitschaft zum Missionsberuf. Francke empfahl ihn 1708 dem König Friedrich IV. von Dänemark zum Missionsdienst in Tranquebar. G. wurde noch in demselben Jahr in Kopenhagen geprüft und ordiniert und von der Dänisch-Halleschen Mission als Mitarbeiter Ziegenbalgs nach Tranquebar ausgesandt. 1714 übernahm er die Leitung der dortigen Missionsstation, als Ziegenbalg nach Europa reiste. Nach dessen Rückkehr 1716 arbeiteten beide vereint weiter. Als Ziegenbalg 1719 starb, führte G. das Missionswerk in Tranquebar weiter im Sinn seines heimgegangenen Freundes. G.s Nachfolger wurde Benjamin Schultze.

Quelle: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon, Bautz-Verlag

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Johann Ernst Gründler

 

wurde am 7 April 1677 zu Weißensee geboren. Sein Vater, Balthasar G. war daselbst Ratskämmerer. Seine Mutter, Maria Magdalene geb. Michaels erzog ihn in mütterlicher Liebe. Der Knabe hatte von früher Jugend an viel Lust zum Lernen und Studieren. Der Vater aber sah dies von seinem Sohn nicht gern, da er allerlei Pläne und Hoffnungen an den jungen Ernst geknüpft hatte. Diese aber widerstanden des Sohnes Neigungen. Der alte G. war so einsichtsvoll, daß er den Bitten seines Sohnes nachgab und in den Beruf einwilligte, zu welchem sich der Knabe berufen fühlte. Nachdem unser G. bis ins 14. Jahr die Stadtschule seiner Vaterstadt besucht hatte, wurde er nach Quedlinburg geschickt. Fünf Jahre darauf bezog er zum Schluß seiner akademischen Vorbildung des damals berühmten Gymnasiums zu Weißenfels um von da aus die Universität Leipzig zu beziehen. Daselbst wollte er sich dem Studium der Theologie widmen. Allein ihm ging's wie's so einzelnen Theologen geht. Sie studieren fleißig, aber es zeigen sich keine Früchte des Studiums an ihren Herzen. Hätte man damals dieses dem G. sagen wollen, so würde er das für ein sehr großes Unrecht gehalten haben. Er selbst fühlt sich für einen Christen, war stolz darauf es zu sein. Dieser Stolz säte in des Jünglings Herz das Unkraut, das jeden Keim eines rechtschaffenen Christentums in ihm erstickte. Von Leipzig zog er nach Wittenberg, aber erst in Halle öffnete ihm der Herr die Augen. Hier erst lernte er sich kennen als er eine erquickliche Predigt über die wahre und falsche Demut hörte "Bisher hatte er gedacht," so sagt er, "er wäre nicht nur demütig, sondern auch sonst treu genug". Allein durch diesen hellen Schein vor dem Angesicht Jesu Christi habe er den verderbten Grund seines Herzens erblickt, und sei gewahr geworden, daß er allem äußerlichen Schein der Demut doch nicht demütig, sondern voller Hoffart wäre. Gott habe darauf ferner seine Gnade gegeben, daß er nicht nur einen Ding dieser Welt, sondern allem, was eitel und vergänglich heißt, abzusterben begehrt, - also in dieser Schule des Heiligen Geistes die Herzensdemut erst recht zu lernen angefangen hätte. Von solcher Veränderung zeugt ein Brief vom 23. Nov. 1702 aus Halle an seinen Lehrer, dessen Predigt so tief ergriff:

 „Die große Güte Gottes, ist es, die ich bisher nicht genugsam habe genießen können, welche mich nicht nur an diesem Ort geleitet, sondern auch an denselben zur wahren Buße - gründlicher Veränderung meines grundverderbten Herzens gebracht hat. Denn da sich derselbe durch Betrug des Satans geschmeichelt hatte als sei es schon ein solcher Altar darauf dem lebendigen Gott ein angenehmes Opfer zum süßen Geruch konnte angezündet werden, so muß ich doch gar bald durch das Wort der Wahrheit, welches aus dero gesegneten Herzen - vollem Munde zum ersten Mal an mich erging, kräftig überzeugt werden, daß mein, bis in's 24. Jahr leider geführtes Christentum nichts mehr als ein honettes Heidentum gewesen. O, wie ich gewahr wurde, daß ich einem solchen Wasser geglieht* (*Anm.: das Wort ist im Original nicht zweifelsfrei  zu entziffern, Schreibweise nach Anschein übernommen), das zwar oben wie glänzendes Silber schimmert, auf dessen Grund aber dennoch lauter giftige Kröten und Schlangen ihr Geheiße haben. Da ich nun einzig darum bekümmert war, wie ich mochte durch Christum zur Liebe Gottes, und zur Gemeinschaft des Hlg. Geistes gelangen, wurde mir bei meinem vergönnten Zutritt von denselben die rechte Ordnung angewiesen. Der Herr ließ mir auch Barmherzigkeit wiederfahren. Er ruinierte das alte wußte Sündengeheiße in mir, und jagte die unreinen Tiere, ich meine die herrschenden Lüste und bösen Begierden heraus. Er richtete den Segen eines geheiligten Baues in meiner Seele an und machte mich also als einen lebendigen Stein, auf Christum den Eckstein gegründet, brauchbar zum Bau Gottes....“.

Gründler hatte seinen Heiland gefunden. Das ist der köstlichste Fund, den ein Mensch machen kann! Er wünscht nun auch anderem Elende mit seinen Gaben und Kenntnissen nützlich zu werden. Er hatte es selbst gelernt, was ihn zum Lehrer Anderer tüchtig machen könnte. So vorbereitet übernahm er mit Freude einige, ihm angetragene Unterrichtsstunden am königlichen Pädagogigum zu Halle, in welcher Arbeit er auch alle Treue bei der ihm anvertrauten Jugend erwies, "damit auch ich zu diesem eine Handvoll Steine zu seinem Preise herbeitragen möchte." Worauf nun hierbei sein Ansehn vor allem gerichtet war, läßt sich einigermaßen aus einem Briefe an den Herrn Direktor dieser Anstalt schließen:

„Als das göttliche Werk in meiner Seele kaum zubereitet war, hatte mich Gott so lieb, und führte mich zu einen andern Werk Seiner Hände, ich meine, das unter Seinem Segen bisher gestandene königliche Pädagogigum, damit ich auch zu Seinem Preis zu diesem Werk eine handvoll Steine herbeitragen mochte, welches über die bisherigen Verrichtungen nach geendigten Examen durch Tradition der deutschen Oratorie nach geringem Vermögen geschehen durfte. Das einige, welches ich mir bei der ganzen Oratorischen Tradition , wiewohl wider den Sinn der Rede vorbehalten, ist dieses, daß ich nicht meta polles fantasaias und mit vielen Wortgepränge aufziehen möge. Denn ich befürchte, es mochte mich die listige Schlange dadurch von der lautren Einfalt, die in Christo Jesu ist, abzuführen suchen. Auch jetzo bei diesem Aufsatz („nemlich von verbesserter Methode der Oratorie welchen er anbei mitteilt") empfinde ich diesen Versuch der argen Schlange, indem mein Gemüthe bei dem Gesuch netter Worte immer will antates authathes werden, und an sich selber Gefallen haben. Der Herr aber gebe nur bei allen wachsamen Augen, daß ich die schändlichen Griffe nicht nur erkennen, sondern mich auch durch seine Kraft von denselben abreißen möge. Er leite mich vielmehr unverruckt auf dem wahren Wege, worauf ich zu mehrerer Einfalt und Demuth gelangen möge".

-So war er besonders bei seinem Unterricht, der nicht gerade selbst die Religion selbst zum Gegenstande hatte, immer darauf bedacht, die ihm anvertraute Jugend zur göttlichen Weisheit hinzuleiten, seit er selbst in dem Streben nach ihr seine höchste Seligkeit gefunden hatte, (immer darauf bedacht, die ihm anvertraute Jugend zur göttlichen Weisheit hinzuleiten). Überhaupt war er beflissen jede Gelegenheit zu benutzen, wo sie ihm auch auf Reisen , dargeboten wurde, das Verlangen nach dem Einen Nothwendigen anzuregen und zu nähren. Eine große Belohnung dieses redlichen Strebens waren ihm die letzten Worte an eine seiner Schwägerinnen, die von ihm zu einem rechtschaffnen Wesen in Christo geleitet wurde. Sie dankte es ihm noch auf ihrem Totenbette mit den Worten:

„Ich danke dir tausend Male für alle mir erwiesenen Wohltaten, besonders aber für die geistlichen. Der Herr Jesus möge dich dafür in der Ewigkeit erquicken. Ich will mich dann mit dir vor dem Thron Gottes ewiglich erfreuen Halleluja“.

Damals nun kamen die ersten Nachrichten über Ost - Indien und über das Missionswerk unter den Hindus nach Europa. Von Halle aus wurden sie besonders durch Frankes Feder verbreitet. So zündete das erste Missionsfeuer in der deutsch-evangel. Kirche. Auch unser G. wurde davon ergriffen. Er eröffnete dieses Vorhaben und großes Verlangen einem seiner nächsten Verwandten mit dem Zusatz: „Er hatte eine solche brünstige Begierde an der Bekehrung der Indianer mit zu arbeiten, daß er die Reise wohl auf eigne Kosten antreten wolle, so er anders nicht dahin kommen konnte“. Er teilte seinen Wunsch einem seiner akademischen Lehrer mit, und bat, wenn wieder jemand nach Ostindien verlangt wurde, mochte man doch auch an ihn denken. Er erhielt die Zusicherung, daß man seiner gedenken wolle, sobald sich eine passende Gelegenheit fände. Und sie fand sich schon nach Ablauf eines Jahres. Von Dänemark aus wurde Franke ersucht einen Mitarbeiter nach Ost - Indien zu schicken. Da sich keiner fand, der tüchtiger gewesen wäre als G. ward derselbe in Erinnerung seiner Rede befragt, ob er noch des Sinnes sei nach Ost - Indien zu gehen? Und als er nochmals sein großes Verlangen, an der Bekehrung der Heiden daselbst mitzuarbeiten bezeugte, trug man ihn sogleich die Stelle an, welche er mit großer Freude annahm. So reiste unser G. in Begleitung des Herrn Polycarp Jordan, der auf eigne Kosten auszog und des stud. Theol. Böving unverzüglich über Berlin und Rostock nach Kopenhagen ab. In Rostock fanden die drei bei mehrem Christen allerlei Standes, besonders bei dem Herrn P. Becker, große Erbauung, und wurden durch denselben nicht wenig gestärkt.

G. mußte in Kopenhagen vor Friedrich IV über Eph. 4, 1-6 predigen und vor dem Bischof von Seeland D.Bornemann ein Examen bestehen, worauf er mit Böving ordiniert wurde. Am 17. November 1708 bestiegen die Sendboten das Schiff und segelten am 20 Juli des folgenden Jahres samt Geld und Briefen glücklich im Hafen von Tranquebar ein. Aber erst den folgenden Tag konnten sie den Boden Indiens betreten. Es war ein herrlicher Tag, sowohl für die neuen Ankömmlinge, als auch für Ziegenbalg und Plütschau. Diese gingen ihnen entgegen, und da sie sich trafen, fielen sie einander mit vieler Freude um den Hals und grüßten sich mit einem Bruderkuß. Das war ein freudiges Begegnen. Ganz natürlich aber schlugen ihnen nicht nur die Herzen dieser Beiden entgegen, seitdem es bekannt geworden, daß sie angekommen seien. Diese unerwartete Ankunft ging ja auch alle an, die zu der neubekehrten Gemeinde gehörten. Sollten diese nicht nach ihnen aussehen? Ja, mit Herzen und Augen. Mit freudiger Erwartung standen sie, Kinder und Erwachsene vor ihren Thüren, um die neuen Knechte Gottes an ihren Seelen zu grüßen. Da sah G. zum ersten Mal die Heidenschaar, die auch er zum Heil in Christo führen sollte. Viele aus der Gemeinde, Große und Kleine, hatten sich vor dem Missionshaus eingefunden. Ziegenbalg zeigte auf sie hin mit den Worten: „Hier seht ihr unser Pflänzlein aus den Heiden“. G. fühlte sich in seinem Herzen gedrungen, einige Worte an sie zu richten, und bat Ziegenbalg sein Deutsch für sie in's Termulische zu übertragen, aber die Gefühle seines Herzens wurden ihm zu mächtig. Er konnte der Tränen sich nicht erwehren, überwältigt mußte er beiseite treten und ein Strom von Tränen des Mittleids und zugleich der Freude entquoll seinen Augen. Mit Gebet und Loben der Gnade des Herrn zogen die Angekommenen in ihre Wohnung. Dann ward das Mittagsmahl gehalten. Auch die Schulkinder waren dabei. Es waren ihrer 18. Und ob sie wohl recht hungrig waren, mußten sie sich danach über die bestimmte Zeit hinaus gedulden, denn es war ja ein besonderer Tag geworden. Die 5 Knechte Gottes warfen sich ernst auf die Knie und dankten dem, der sie so gnadenreich zusammengeführt, gelobten sich ihm zu treuen Arbeitern und ihm um Seinen Segen an. Dann setzten sie sich zu Tische. Um sie her die Kinder. Ein rührender Anblick, wie sie da, nach ihrer Landessitte mit untergeschlagenen Beinen saßen, eine Schüssel mit Reis vor sich, den sie wie alle Morgenländer mit den Fingern zum Munde führten, denn den Gebrauch von Messer, Löffel und Gabel findet man dort zu Lande bei Tische nicht, sondern alle Speisen werden kleingeschnitten aufgetragen. G. vergoß Freudentränen als er dieses sah und freute sich sehr zu solch heiligem Werk berufen zu sein. Wie heilig und ernst er seinen Beruf aufnahm, davon zeugt ein Brief an seine Verwandten in Europa:

„Einige 1000 Meilen von meinem Vaterland und von Euch, meinen herzlich geliebten Verwandten, wie von andern treuen Freunden entfernt, würde es meinem Herzen schwer, ja fast unerträglich werden in einem Lande und unter einem Volke zu wohnen, das ich vorher nicht kannte, wie mich Gott an diesem Ort in meinem Amt unter den Heiden nicht täglich mit seinem väterlichen Trost und inniger Freudigkeit erfüllte, und mich so mutig machte, daß ich mit Wahrheit sagen kann, ich habe großes Verlangen und Lust, in diesem Lande das Evangelium zu verkünden und damit zu wohnen, ungerechnet der vielen Trübsale, großen Widerstandes und leiblichen Ungemach, so mich dabei in des Wortes und des Werkes des Herrn willen Zeit meines kurzem Hierseins schon getroffen haben und deren ich vielleicht künftig noch mehr zu erwarten habe. Aber o mein treuer Gott, der da alles zu Seinem Preis herrlich hinausführt, ohne dessen heiligen Beruf und Willen würde mir bange sein, nur einen Tag hier zu leben. Aber mit Ihm und Seiner Gnade, bin ich auch entschlossen nicht nur viele Jahre, sondern so es Sein heiliger Wille wäre, die ganze Zeit meiner Armen in Gott aber seeligen Pilgerschaft in diesem heidnischen Ländern zu vollenden. Denn wir sehen hier eine sehr große Ernte voraus, und der Herr der Ernte gibt so viel Gnade, daß wir uns nicht abschrecken lassen, oder bei einigem Widerstande matt werden, sondern getrost arbeiten und uns als treu zu erweisen suchen, wie es der Herr von seinen Dienern fordert. Hat er es in Seinem Rath bestimmt, mich kurze, oder lange Zeit als ein geringes Werkzeug zu Seinem Dienst unter den Heiden zu gebrauchen, so mache mich Seine Gnade allezeit tüchtiger dazu, und gehe Alles nach Seinem heiligen Rath und Willen!“. Mit diesem Entschluß und aufgedeckten Mut fing er nun auch seine Amts- Verrichtungen den 10. Nov. an, mit öffentlichen und besonderen Katechifationen in portugiesischer Sprache, nachdem er dieselbe in 4 Monaten unter göttlichen Beistande wohl gefaßt hatte. Zu diesem Ende hatte er auch einen Auszug aus des selig D. Spener's 17.  Katechismus ins Portug. Übersetzt. Als er in dieser Sprache eine ziemliche Fertigkeit erlangt hatte, war es nötig, daß er sich auch auf das Malaberische, und zwar mit voller Kraft und mit besonderem Fleiß legte. Um dieses nun einzig und allein zu treiben und in dieser schweren Sprache desto geschwinder fort zu kommen, erwählte er sich einen Ort außer der Stadt namens Boreiar, der 1/2 Stunde von Tranquebar liegt. Dorthin begab er sich am 20. Februar 1710 Damit er keine Hinderung an seinem Vorsatz finde, und desto mehr Gelegenheit, nur mit Malabaren umzugehen haben mochte. Er suchte sich auch an die Speisen der Malabaren zu gewöhnen, und kleidete sich wie sie, des guten Vorsatzes, daß wenn er fertig im Reden würde, er alsobald unter sie ausgehen, und ihnen das Evangelium predigen wollte. Mittlerweile ließ er sein Hauptwerk nicht liegen, sondern arbeitete sowohl mit in der Malab. Schule, so daß selbst in einem, von der Mission, die in einem von der Mission gekauften Garten war, als auch an den Heiden. Ein Knabe von 14 Jahren empfing am 17. Dez. des selbigen Jahres die Taufe, worüber sich G. sehr freute. War er doch der Erstling seiner Früchte an welchem er überzeugt war, daß das gütige Wort Gottes eine geistige Veränderung zum Leben, das aus Gott ist, in ihm gewirkt hatte. Einige von den andern Heiden, fingen auch an, sich zu freuen und Gott zu loben: „daß er ihnen mitten in ihrer abgöttischen Finsternis das wahre Licht des Evangeliums scheinen ließe“, wie ihre eignen Worte gegen ihn lauten. Seine einfältige, aber gewiß fruchtbare Lehrart, der er sich an diesem Orte bediente, indem er mit ihnen ernstlich die vornehmsten Stücke des Christentums, und hernach das N.T. durch katechisierte. Als er nun an diesem Orte den Samen des göttl. Worts reichlich ausgestreut hatte, wurde er wegen entstandener gefährlichen Nachstellungen genötigt, sich mit der Schuljugend wieder in die Stadt zu begeben wo er mit seinen herzgeliebten Kollegen Ziegenbalg das Werk des Herrn sowohl mündlich als auch schriftlich mit allem Eifer zu treiben sich äußerst angelegen sein ließ, bei aller Widerwärtigkeit, die auf sie einstürmte, die ihm aber Muth und Hoffnung nur von Neuem stärkte. Hierüber schrieb er am 6. Sept. 1712 an einen Freund :

„Es fehlt uns nicht an Gelegenheit mit unsern, von Gott geschenkten Gaben auf vielerlei Art und Weise unter den Heiden und Christen zu wuchern. Gott lasse uns nur alles im Segen sein und befördern. Sein Werk zur Errettung vieler Seelen. Bis jetzt sind wir gottlob noch unter allen harten Umständen sehr freudig und getrost, leben unter einander in Frieden und brüderlicher Eintracht, und hoffen, daß uns Gott noch bei der Wahrheit werde den Sieg davon tragen lassen, so sehr sich auch immer der Feind wider uns und wider das Werk setzt. Um solcher Hoffnung willen lassen wir uns in unserer Arbeit nicht stören und achten es als eitel Freude, wenn wir um Guttatwillen leiden müssen, und allenthalben übel beurteilt werden. Das Licht wird dennoch einmal durch die Finsternis brechen, offenbaren was recht und unrecht, Licht und Finsternis ist. Dieses Werk hängt nicht vom Urteil der Welt ab und von dem Raisonnieren der Menschen sondern von dem allmächtigen Gott, der es dann am Herrlichsten hinausführt, wenngleich es die Welt schon verlorengegeben hat. Alles, was bisher geschehen, sind nur gleichsam Vorbereitungen gewesen auf ein großes Werk, das danach und noch unter den Heiden soll angerichtet werden“. - Er übernahm nicht nur die Aufsicht über die portug. Schule, predigte und schrieb in dieser Sprache, sondern arbeitete zugleich an der malab. Gemeinde, zumal in Abwesenheit seines Vorgesetzten da er 3 Jahre lang der Mission vorstand. Damals fand er, daß es nöthig sei, sich in den Ehestand zu begeben. So ließ er sich mit der Frau Utilia, Elisabeth geb. Krahen, des

+Vicekommandanten Herrn Andreas Raben hinterlassenen Witwe trauen. Da diese Zeit die ganze Last auf ihm lag, hat ihn Gott so gestärkt, daß er nicht nur das Angefangene fortsetzen, sondern noch mehr heilsame Anstalten gründen konnte. So richtete er damals z.B. in Tranquebar eine malabar. Charität - Schule ein für die heidnische Jugend mit einer neuer besondern Einladung indem er einen Zettel in malab. Sprache an verschiedenen Orten anschlagen ließ, an welche er kund tat, daß er aus Liebe zur malab. Nation ihre Kinder im Lesen, Schreiben, Rechnen und in ändern nützlichen Künsten und Sprachen umsonst unterrichten wollte. Dieser Anschlag hatte eine solche Wirkung, daß in wenigen Tagen sich 70 Kinder und Erwachsene, auch unter denselben ein Brahmane zu solchem Unterricht einfanden, und teils von den benachbarten Dörfern, ja auch von entlegenen Orten von ihren heidnischen Eltern nach Tranquebar geschickt, und bei dasigen Einwohnern in die Kost getan wurden. Es wurde auch mit den Engländern zu Madras und Condatur fleißig conferiert wie auch dort Schulen zum Beten der Heiden angelegt werden könnten. Dieses wurde bald darauf auch ins Werk gesetzt. Auch wurde die Korrespondenz besonders mit den, in Indien sich aufhaltenden europäischen Nationen merklich vermehrt und dadurch mancher Vorteil zur Ausbreitung des Evangeliums erlangt. Da aber doch ein und das andere gute Mittel die Wahrheit weiter auszubreiten, z. B. durch öfteres Ausgehen unter die benachbarten Heiden, wegen der Abwesenheit des Missionars Ziegenbalg unterlassen werden mußte, entstand bei ihm ein sehnliches Verlangen nach dessen Rückkunft. Als er endlich erfuhr, daß derselbe im August 1716 in Madras ankam, bezeugte er darüber in einem Briefe große Freude. Worüber man sich um so viel weniger zu wundem hat, da er allezeit mit demselben in der innigsten Eintracht gestanden, so daß man an ihnen beiden wahrgenommen, daß sie gleichsam ein Herz und eine Seele gewesen, wodurch das Werk des Herrn nicht wenig gefördert wurde, indem auch hier in Erfüllung ging, was der Hlg. Geist durch den Mund Davids im Psalm 133, 3 ausgesprochen, wo Brüder einträchtig bei einander wohnen, verheißt der Herr Segen und Leben immer und ewiglich. Nun hatten sie kaum wieder mit neuem Eifer zusammen am Evangelio zu arbeiten angefangen, als dem Herrn G. und dem ganzen Werk, der Herr Probst im Februar 1719 durch einen seligen, aber allzu frühzeitigen Tod entnommen ward. Dieser Riß schmerzte den seligen Mann sehr, da nicht nur ein Herz vom andern gerissen wurde, sondern auch der Mission ein tüchtiger und treuer Arbeiter verloren ging. Daher er dafür hielt: Gott habe ihnen jetzt eine solche harte Prüfung zugeschickt, welche unter allen Prüfungen, womit derselbe Sein Werk von Anfang bis dahin habe läutern wollen, wohl die größte und empfindlichste sei. Nicht lange darauf fiel er selbst in eine schmerzhafte Krankheit, bei welcher sein Kummer und Schmerz wegen der armen verlassenen Gemeinde, weit größer als selbst die schmerzhafte Krankheit seines Leibes war, so daß er einmal, als ihm nur wenig Leibeskraft übrig war, auf dem Predigtstuhl sich tragen ließ und anstatt viel zu predigen, fast nur geweint, und herzlich mit großer Bewegung gebeten, es möchte sich doch nur Gott über die armen Schafe erbarmen, und ihm noch solange das kranke Leben schenken, bis neue Hilfe und Mitarbeit aus Europa ankäme . Alsdann wollte er ja gerne sterben. - Diese Bitte hat Gott auch erhört, daß die aus Europa zugesandten Mitarbeiter noch zu rechter Zeit anlangten. Es hatte sich wenige Wochen vor deren Ankunft mit seiner Krankheit gebessert und schien, daß er ihnen noch lange von Gott zum Trost, zum lieben Vater und Lehrer sollte gelassen werden. Die Art und Weise dieser Präparation hat er selbst in einem Briefe beschrieben, welcher recht erbaulich zu lesen ist, indem er darin von der Einrichtung seiner Gemeinde, der Katecheten, Ältesten, Ermahnern ausführlich handelt: „welche weislich und recht apostolische Einrichtungen einen jedem Lehrer unserer evangel. Kirche, der seine Herde sorgfältig zu wahren und zu warten gesonnen, zum Modell und Muster dienen möchte“. In obigem Schreiben blickt auch unter bewährter, harter Prüfung gar deutlich hervor, beides, seine lebendige Hoffnung, als auch sein freudiger Entschluß an dem Missionswerk, worüber ihm von Sr. Königl. Majestät in Dänemark die Inspektion aufgetragen und er als Vorsteher gnädigst ernannt worden war, getrost fort zu arbeiten, gar deutlich hervor. Er zeigt, wie nun die Hilfsmittel, deren man bei Ausbreitung des Evgl. benötigt, unter göttlichen Segen zugerichtet worden sind um ganz Ost-Indien und angrenzende Reiche mit der Erkenntnis Christi anzufüllen. Er benennt auch unterschiedliche Länder, da man alsbald einen Eingang finden würde, nur möchte man mehr Arbeiter zu dieser Ernte senden.- So muß der selige Mann, als er nun bald am Ende seines Berufes war, uns aufrufen bei abermaliger schwerer Versuchung an dem gesegneten Fortgang dieses Werkes nicht zu verzagen noch sich dessen fernem Förderung zu entziehen. - Nachdem er nun also sein Haus bestellt, zu dessen Verwaltung den neuen Mitgehülfen treue Anweisung gegeben hatte, kam unvermuthet die Stunde heran, da er nach vollendeter Arbeit, die ihm von Gott bestimmt war, in seine Ruhe eingehen und also erfüllt werden sollte, was er so sehnlich gewünscht hatte, nemlich sein Leben in Ost-Indien und bei dem Werk der Bekehrung der Heiden zu endigen. Von solchem Verlangen zeugen desselben Briefe, darin er den Seinigen auf ihr Ansuchen, daß er sich wieder zu ihnen zurückbegeben möchte, antwortet:

„Auf meine Rückkehr wollt ihr euch keine Hoffnung machen. Mein lieber College Herr Probst Ziegenbalg und ich und nach der Liebe Gottes und unseres Königs gnädigen Willen haben es sich beständig vorgesetzt unser Leben zum Dienst der Heiden in Ost-Indien allhier aufzuopfern und dermal mit unsern schwarzen Lämmern vor den Stuhl des Lamms zu erscheinen“.

In einem andern Schreiben vom 4. Aug. 1712 sagt er:

„An meine Rückkehr nach Europa wollt nur nicht denken. Es sind zwar meine 3 Jahre, die bestimmt waren, verflossen, aber ich denke noch immer wir haben noch nicht recht angefangen oder anfangen können, in dem Werk der Bekehrung der Heiden, wie wir wohl wünschten. Darum wollen wir erst in diesem Jahre durch die Kraft von oben einen rechten Anfang machen, und darin um künftigen Jahre fortfahren, damit der Fürst in seinen Götzenknechten welchen, und Jesus Raum machen müsse. Denn der ist König auch über die Heiden. Betet ferner für mich, Euren Sohn und Bruder, denn Gott Ist es, der uns stärken, beschützen und erhalten muß, Menschenhilfe ist kein nütze. Wir genießen sie auch nicht; wohl aber ihre Freundschaft. Gelobt sei Gott! Für alle Seine wunderbare Führung!“

- So geschah denn, was er begehrte, wie wohl allzubald, sindemal Gott ihn an demselben Orte, wie er verlangt, sein Leben beschließen ließ. Seine Krankheit, woran er hernach verschieden, war anfangs nur ein Durchfall, den er 1720 am 5. Januar bekam, welchen man anfangs nicht groß achtete, weil derselbe, wenn er nicht anhaltend ist, nicht schädlich zu sein pflegt. Als derselbe aber fortdauerte, gebrauchte man alle dienlichen Mittel dawider. Darauf es sich auch zur Besserung anließ, es hatte aber keinen Bestand. Nichts destoweniger entschloß er sich, eine Reise zu den Heiden in dem mogulischen Gebiet vorzunehmen, um zu versuchen, ob Gott auch daselbst dem Evangelio eine Thür aufthun wolle. Es wurde ihm dieses von Einigen widerraten, allein er bestand darauf, er müsse es thun, jetzo wäre es Zeit. Jetzt hätte er Gelegenheit, die er in l Jahr nicht wieder bekäme. Er trat also am 10. Febr. im Namen Gottes diese Reise an nebst 5 Personen, darunter sich 2 geübte Katecheten befanden, und war willens zu bis nach Cudulur zu gehen. Als er von der Stadt Abschied nahm, und zu Schiff ging, weinte alles, was ihn sah, eben, als wenn man voraussähe, daß dies sein letzter Gang sein würde. Diese Reise zu Wasser verursachte auf 's Neue den Durchfall, welcher ihn zu Cudulur, da er landete, so heftig zu setzte, daß er wieder seinen Willen, wiewohl in großer Schwachheit und Mattigkeit, zu Lande wieder nach Tranquebar zurückeilen mußte. Als er nun angelangt war suchte man den Durchfall zu stillen, aber Nichts wollte recht anschlagen, sondern die Krankheit hielt beständig an, nur daß sie einen Tag um den ändern abwechselte. Am Freitag, als am 15. März machte er sich auf, ob er wohl sehr schwach war, und ging in die Kirche, um vor dem Altar malabarisch abzusingen. Man wußte nicht, warum er es thäte, da es ja für ihn Missionar Schultze wohl hätte thun können. Allein sein Herz hat es ihm gleichsam gesagt, daß sein Ende vorhanden sei. Er wollte also auf diese Weise öffentlich Abschied nehmen, und noch einmal über seine Gemeinde den Segen sprechen, weil er sie nun nicht mehr sehen, sondern verlassen sollte. Am folgenden Tag bekam er eine außerordentliche Hitze. Und obgleich Medikamente dagegen eingenommen wurden, wollte doch solches nichts helfen, denn die Hitze wurde täglich stärker und nahm ihm das Haupt ein. Mittlerweile bereitete er sich gänzlich zum seligen Abschied vor, wie er denn gewiß glaubte, daß er durch diese Krankheit würde von des Leibes Bürde erlöst werden. Damit er nun seinen Glauben stärken möchte, ließ er sich 2 Tage vor seinem Ende die Epistel an die Römer, nebst einigen schönen Liedern aus dem Hallischen Gesangsbuch vorlesen, wodurch er dann in seiner Seele kräftig gestärkt, ermuntert und süßiglich erquickt wurde. Als ihn den 19. März morgens früh Herr Schultze besuchte, war er noch bei gutem Verstande und half die Rechnung nach übersehen. Allein, sobald er damit fertig war, fing er die Rechnung mit seiner Seele an, redete nicht mehr viel mit den Anwesenden, es sei denn, daß man ihn fragte, sondern wendete sich zum Gebet und betete anhaltend, recht herzlich. Weil er aber noch sogar munter war, obgleich die Schwachheit nebst der Hitze ziemlich angewachsen war, so glaubte man nicht, daß er diesen Tag noch sterben würde. Der Herr Schultze, der eine Weile bei ihm gewesen war, und wegen vieler Geschäfte hatte nach Hause gehen müssen, wünschte der selige Mann ihm viel Heil und Segen noch und fuhr vor sich selbst immer in seinem Flehen und Ringen mit Gott beständig fort. Als ihn Herr Schultze nach einer Stunde wieder besuchte, lag er ganz still, ohne daß er sich zuweilen Medicin wider die Hitze und den Durst zu sich nahm, doch hoffte man noch, daß die Hitze sich brechen würde. Aber sie nahm vielmehr des nachmittags um l Uhr überhand und griff ihn so an, daß er die anwesenden nicht mehr unterscheiden konnte. Und da diese große Hitze bis 3 Uhr anhielt, merkte man, daß es mit ihm bald aus sein würde. Doch lag er noch bis 4 Uhr im heftigen Ringen, da er endlich, nachdem er ausgearbeitet seine Seele Seinem Heiland Jesu Christo hingab, und selig verschied nachdem er 43 Jahr weniger 2 Wochen und 5 Tage in dieser Welt gelebt hatte. Am folgenden Tage wurde seine irdische Hülle unter zahlreicher Versammlung der malabarischen und portugiesischen Gemeinde, auch aller in Tranquebar wohnenden Europäer, die seinem frühen Heimgang beklagten, in selbige Jerusalemskirche, neben der Grabstätte des seligen Probst Ziegenbalg zur Erde bestattet. Der Missionar Schultze hielt ihm eine Leichenrede aus Offbg. 14, 13 in deutscher Sprache, und am Sonntag darauf in malabarisch und portugiesischer Sprache.

So lebte, so arbeitete, so starb ein treuer Knecht Gottes.

 

Quelle: Handschrift um 1810 oder 1857(undatiert, ohne Verfasser) , Pfarrarchiv Weißensee

 

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